Sonntag, 14. Februar 2010

Lehren aus dem 22. Bahman

Es wird die Tage viel darüber gesprochen, ob der 22. Bahman ein Rückschlag für die Grüne Bewegung gewesen und somit ein Sieg für das Regime sei. Zu diesem Denkansatz ist man geneigt, wenn die Erwartungen bezüglich der von der Grünen Bewegung geplanten Großdemonstrationen zu hoch gewesen sind. Im Vorfeld wurde viel spekuliert (auch von meiner Seite), was an diesem wichtigen Tag passieren könnte. Die Spekulationen haben sich größtenteils nicht bewahrheitet. Weder war der 22. Bahman der Genickbruch für das Regime, noch lässt sich eindeutig sagen, ob das Regime eine schwere Niederlage wie beispielsweise am Ashura-Tag erlitten hat.

Eines steht jedenfalls fest. Zum Reifeprozess jeder politischen Bewegung gehören auch Rückschläge. Auch wenn der 22. Bahman aus meiner Sicht keine Niederlage darstellt. Unter dieser Prämisse ist festzustellen, dass die Bewegung nun strategisch einen weiteren Schritt nach vorne tun muss. Offizielle Feiertage vom Regime dienen nun nicht mehr als schützende Kulisse für große Demonstrationen der Grünen. Das Regime hat bewiesen, dass es mit genügend Zeit trotz der vergangenen harten Monate fähig ist, bis mehr als 100.000 Sicherheitskräfte landesweit in die Hauptstadt und an andere strategisch wichtige Orte zu bringen. In Tehran wurden teilweise Viertel komplett abgeriegelt, so dass die Menschen nicht mal die angekündigten Sammelpunkte erreichen konnten. Die Stadt befand sich de facto in einem Ausnahmezustand, der allerdings offiziell nicht ausgerufen wurde.

Ein taktischer Fehler war es zu glauben, man könne wie am 13. Aban die staatlichen Protestzüge unterwandern, um diese einzunehmen. Geplant war, dass die Grünen sich zunächst nicht durch grüne Symbole, Flaggen oder sonstige Merkmale erkenntlich machen, um sich dann plötzlich zu outen, so dass die Sicherheitskräfte überfordert sein würden. Wann dies geschehen sollte, war nicht geklärt. Viele waren somit verunsichert und Einzelne, die es wagten, sich zu outen, wurden sofort festgenommen. Die Menge, die Ahmadinejad am Azadi-Platz zujubelte, bestand folglich aus vielen Grünen. Für das Regime kann das ein Teilerfolg darstellen. Allerdings wiegt es sich zu Unrecht in Sicherheit, wenn es die wahre Zahl seiner Anhänger deswegen überschätzt. Zudem kommt hinzu, dass wieder eine Vielzahl aus Dörfern und kleineren Städten mit Bussen extra nach Tehran gefahren wurden. Ferner wurde auch dieses Mal Essen und Getränke an die "Regimetreuen" verteilt. Andere wurden bezahlt oder gezwungen (Schulkinder zum Beispiel) an den Aufzügen teilzunehmen. Bleibt die Frage offen, wer also wirklich aus Überzeugung kam und nicht wegen den Anreizen oder dem Druck.

Die Grüne Bewegung hat trotz aller Schwierigkeiten und obwohl Tehran wie in einem Bürgerkriegs-Szenario abgeriegelt war, Stärke gezeigt, indem sie Präsenz gezeigt und sogar manche wichtige Plätze innerhalb der Städte für einige Stunden eingenommen hat (zum Beispiel Aryashahr in Tehran). Als Sieg kann auch gesehen werden, dass die Welt erneut gesehen hat, dass ein Regime, das sich angeblich auf den Willen des Volkes stützt, mit aller Gewalt jede friedliche Ansammlung gesprengt und seine Bürger verprügelt, mit Tränengas beschossen und festgenommen hat. An ihrem "heiligen" Tag, der Jubiläumsfeier der Revolution, konnte das Regime nicht ausgelassen "feiern", sondern musste zittern. Angesichts der schon angesprochen zu hohen Erwartungen vor dem 22. Bahman, kann man diese Tatsache sicher als Sieg feiern.

Jetzt gilt es für die Bewegung nach vorne zu schauen. Der nächste sichere "Termin" steht bereits fest: Chaharshanbe-Souri.

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