Freitag, 12. März 2010

Lagebericht Nr. 3

Die letzten Wochen waren geprägt von den Repressalien des Regimes. Täglich werden Studentenaktivisten, Politiker, Journalisten, Menschenrechtler, Aktivisten der Frauenbewegung, Arbeiterführer und Intellektuelle festgenommen, verschleppt und in die Zellen der berüchtigten Gefängnisse Evin oder Gohardasht gesperrt. Einige werden sogar an unbekannten Orten festgehalten. Es gibt nur spärliche Informationen vom Gesundheitszustand der Gefangenen. Vielen wird der Zugang zu ärztlicher Versorgung und Medikamenten verwehrt. Die Inhaftierten werden hingegen körperlicher und psychischer Folter ausgesetzt. In sogenannten Hundezwingern müssen einige Gefangene tagelang mit verbundenen Augen ausharren. Die Zellen sind so klein, dass sie nur gekrümmt sitzen können. Hinzu kommt, dass die Familien und Freunde der Gefangenen unter Druck gesetzt werden. Es gab Berichte darüber, dass Mütter nachts angerufen wurden, so dass sie telefonisch das Winseln und Röcheln des Gefolterten mitbekamen. Solche unmenschlichen und grausamen Methoden sollen die Aktivisten der Grünen Bewegung seelisch zerstören, ihre Persönlichkeiten brechen.

Auf der anderen Seite gibt es täglich Berichte darüber, dass Gefangene entlassen werden. Meist müssen die Familien horrende Kautionen zahlen (teilweise bis zu 1 Millionen Euro). Die Entlassenen sind allerdings nicht wirklich frei. Sie sind nur auf Bewährung auf freiem Fuß und können sich so lange in "Freiheit" aufhalten, so lange sie jegliche politische Aktivität unterlassen. Somit bleiben sie faktisch "Gefangene ausserhalb des Gefängnisses". Durch die ständige Rotation wird praktisch das ganze Volk in Geiselgefangenschaft genommen.
Nachdem die Entlassenen in ihre Familien zurückkehren soll ihnen zudem bewusst werden, dass ihr politisches Engagement ihren Liebsten geschadet hat. Sowohl seelisch mussten sie leiden, als auch finanziell. Meist fehlte der Ernährer der Familie. Oft sind es auch die hohen Kautionen die den finanziellen Ruin besiegeln. Mit dem Freilassen der Gefangenen bezweckt das Regime folglich auch, dass die Oppositionellen sich aufgrund dieser schweren Folgen von ihrem politischen Engagement distanzieren. Ferner will das Regime der Welt zeigen, dass sie politische Gefangene entlassen hat.

Trotz dieser harten Vorgehensweise ist der Wille der Grünen Bewegung ungebrochen. Sowohl Karroubi, Mousavi als auch Mousavis Frau Rahnavard bekräftigten ihren Widerstandswillen und merkten an, dass der Regierung die Legitimation durch das Volk fehle. Auch Rafsanjani verkündete, dass eine Regierung ohne die Unterstützung des Volkes nicht bestehen könne.

Dagegen versucht das Regime eine Atmosphäre zu schaffen, in der Angst, Hoffnungslosigkeit und Tod vorherrschen. Ein dunkler Schleier soll das Bewusstsein einer ganzen Gesellschaft umhüllen, so dass die Grüne Bewegung stirbt. Geprägt ist dieses Unterfangen von der Angst des Regimes vor den Neujahrsfeiertagen in der kommenden Woche. Beginnen wird es am Dienstag dem 16. März mit dem "Charshanbe Souri", dem sogenannten Feuerfest. Eine Tradition aus der vorislamischen Zeit, bei dem die Menschen über Feuer springen, um die bösen Geister in den Flammen zu verbrennen, damit das neue Jahr von Glückseligkeit begleitet wird. In diesem Jahr werden die Menschen die Diktatur symbolisch in den Flammen verbrennen. Bilder des Diktators Khamenei werden aufflammen, womit dem Regime verdeutlicht wird, dass das gesamte System am Verglühen ist. Die Politisierung dieser Tradition hat bereits vor einigen Jahren begonnen. Diesmal steht das Feuerfest allerdings unter den Vorzeichen von acht Monaten Widerstand, Folter und Mord. Dieser Tag stellt wieder eine wichtige Etappe auf dem Pfad der Grünen Bewegung dar.

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